Artikel übernommen aus dem Jugendboten 2008 verfasst durch Jan-Henry Wanink
Schade, langweilig, ätzend, Asbach. Das hört man manchmal wenn sich allerhand Leute und Jugendliche über die Orgel in Kirche auslassen. Die Orgel kannste vergessen, erst recht bei Jugendgottesdiensten, bei denen man manchmal das Gefühl hat, dass von der E-Gitarre bis zum Staubsauger alles mitmachen darf, was irgendwie Geräusche macht – Hauptsache die Orgel schweigt. In vielen modernen Kirchen gibt es schon gar keine Orgel mehr, alles wird mit viel Tschingerassa von der Happy-Clappy-Band begleitet.
Nun gut, es ist doch toll, wenn überhaupt Musik gemacht wird? Das ist es auch, aber es gibt einen Unterschied zwischen schlechter (oder besser: billiger) Musik und guter Musik.
Schlechte Musik entsteht wenn man in der Kirche denkt: Wir spielen nur noch das, was zieht. Was flott ist und wovon die Leute fröhlich werden. Also wird das Keybord rausgeholt, weil sich “Von Guten Mächten & Co mit dem Foxtrott-Marsch unterlegt ja so fetzig anhört und man hübsch mitklatschen kann. Ich bin schon in Kirchen gewesen in der ich mir vorkam wie in einer Pommesbude, in der NDR 1 gedudelt wird. Oft wird man eingelullt mit gleich zwei Zuckerwattenevangelien, von der Kanzel, von der nur noch runterkommt, dass Gott ein Kumpel ist der einen gern hat und aus dem Lautsprecher, aus dem die Botschaft trällert: „Denk bloß nicht nach, klatsch und schunkel einfach mit!“
Gute Musik dagegen gibt es nicht auf Knopfdruck, und erst recht nicht umsonst. Gute Musik muss man sich erarbeiten, erobern. Und gute Musik besteht nicht nur aus Tri-tra-trullala sondern auch aus schwierigen Momenten. Man hat sich z.B. immer gefragt warum die Musik von Mozart nun so gut sein soll: Weil er immer wieder über die traurige, klagende Stimme eine fröhliche, jubilierende Stimme eingebaut hat. Sich richtig freuen über die Sonne der Gerechtigkeit kann man erst wenn man die Einsamkeit und Traurigkeit eines Psalms mitgesungen hat.
Gute Musik ist harte Arbeit, kostet Zeit und Geld. Aber am Ende merkt man: Es kommt Qualität dabei heraus, etwas das bleibt und nicht nach kurzer Zeit verpufft.
Und gute Musik kann man mit allen Musikinstrumenten machen, aber wir sollten nicht vergessen, welchen Schatz wir mit einer Orgel in der Kirche haben. Die Orgel ist wie eine gute Schauspielerin: sie sieht nicht nur gut aus, sie kann vor allem unheimlich viele Gedanken und Gefühle auf die jeweils passende Art zum Ausdruck bringen. Und alles ist echt gespielt, die Töne kommen über die Tasten durch die Pfeifen zu uns. Ein Keyboard dagegen ist wie ein Schauspieler aus dem Computer: am Ende kann man es nicht ernst nehmen.
Es ist wahr, viele Menschen und gerade Jugendliche kann man mit Musik mehr ansprechen als mit tausend Predigten. Deswegen sollten sich die altreformierten Kirchen auch überlegen, was ihnen eine gute Kirchenmusik wert ist. Man sollte sich gut überlegen, welche jahrhundertealten Schätze man mit einer Orgel und dem evangelischen Liedgut, z.B. den Psalmen im Haus hat. Man muss wissen worauf man setzt: Qualität oder Happy-Clappy. Mozart oder Musikantenstadl.
Das betrifft nicht nur die Förderung und Ausbildung von zukünftigen Organisten und anderen Musikern. Gute Musik ist wichtig, und dafür braucht man auch eine professionelle Kirchenmusik! Warum nicht also eine Kantorstelle für alle altreformierten Gemeinden? In der reformierten Kirche wird die Kirchenmusik im Moment heftigst gekürzt, könnten da die Altreformierten z.B. sich nicht beteiligen und diese Kürzungen auffangen, so dass eine Übergemeindliche Teilzeitstelle für die Kirchenmusik zur Verfügung steht?
©Jan-Henry Wanink
Dieser Artikel erschien im Jugendboten der altref. Kirche im April und Mai 2006
Auch wenn schon etwas älter, trotzdem ein toller Artikel. Ich hab jetzt auch meine ersten Messen gespielt und kann ihre Gedanken gut nachvollziehen.
Danke für den schönen Artikel
Ja, genau so ist es. Allerdings sehe ich für die Zukunft ziemlich schwarz.